2011-11-21

EX LIBRIS

Martin Kieren und Paul Kahlfeldt

Am 21. November fand die zweite Veranstaltung von EX LIBRIS statt, bei der wieder zwei Bücher aus der Bibliothek des Ungers Archiv für Architekturwissenschaft vorgestellt wurden. Martin Kieren, Professor für Architekturtheorie an der Beuth Hochschule für Technik in Berlin sprach über das Buch von El Lissitzky, „Von 2 Quadraten", Berlin 1922. Paul Kahlfeldt, Berliner Architekt und Professor an der Technischen Hochschule Dortmund, stellte das Buch von Andrea Palladio, „I Quattro Libri dell´Architettura", Venedig 1616 vor.

Bericht des Internetmagazins koelnarchitektur.de vom 25.11.2011, Autorin: Ira Scheibe.

SCHON EINE TRADITION


Der zweite Abend der Ex libris Reihe im Ungers Archiv für Architekturwissenschaft (UAA).



Zwei Redner, zwei Bücher, ein Beamer: kaum der Stoff für einen außergewöhnlichen Abend, möchte man meinen. Doch die zahlreichen Zuhörer, die in die Belvederestraße gekommen waren, wurden bestens unterhalten: schon beim zweiten Stattfinden ist es Tradition, von dieser Reihe das Besondere zu erwarten. Martin Kieren und Paul Kahlfeldt waren diesmal eingeladen, jeweils ein Buch aus Ungers Bibliothek vorzustellen.



Mit einer deutlichen Aussage leitete Paul Kahlfeldt den Abend ein: „Es sind die guten Architekten, die Bücher schreiben, und das sind dann auch die wichtigen theoretischen Werke.“ Tatsächlich hat Andrea Palladio (1508-1580) erst gebaut und dann geschrieben: „I quattro libri dell'architettura“ (Die vier Bücher zur Architektur) mischen bauliche Grundlagen, Antikenstudium und zeitgenössische Vorbildarchitektur – größtenteils seine eigene und die des Kollegen Bramante. Die vier „libri“ – besser eigentlich Kapitel genannt – fügen sich zu einem Lehrbuch, von dem weniger begnadete Individuen und Zeiten profitieren mögen. Das Rezept? Die ewigen Gesetzmäßigkeiten suchen und sich ihnen unterwerfen. 



Wenn Palladio gegen die „Rohheit der Barbaren“ zu trotzen hatte, so sind die Modernisten für Kahlfeldt – mit einem Augenzwinkern – die Feinde der Architektur. Passend dazu stellte Martin Kieren El Lissitzkys „Von zwei Quadraten“ von 1922 vor, ein Kinderbuch aus acht Lithographien mit sehr minimalistischen Text. Die Leitfrage zur Veranstaltungsreihe – was bedeutet dieses Buch für die Architektur – beantwortete Kieren auf pointierte Weise: „Das Buch ist deshalb wichtig, weil es in dieser Bibliothek ist."



Und warum ist es dort? Auch Ungers suchte die ewigen Gesetzmäßigkeiten, den Nullpunkt der Architektur sozusagen: „Mit 30 habe ich alles ausprobiert, was mir zur Architektur eingefallen ist. Mit 
70 will ich alles weglassen, was zur Architektur gehört. Ich suche die reine, gegenstandslose Form.“ Bei einem Gespräch 1994 mit seinem Freund Gerhard Merz über eben dieses Gegenstandslose zeigte ihm Ungers El Lissitzkys „Von zwei Quadraten.“ Merz war nicht so begeistert, El Lissitzky mit seinem „suprematistischen Baukasten“ habe doch Malevich gar nicht verstanden. Doch Ungers sah die Sache offenbar anders. Am Ende der Suche mag das schwarze Quadrat der Malerei der Moderne 
stehen oder der schwarze Kubus der Architektur. „Aber irgendwie muss man aus der Nummer ja wieder raus kommen und weiter machen,“ so Kieren. Man muss die Idee retten. Oder wie Ungers es sagte: „Es gibt kein Ende, sondern immer nur Anfänge“.

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