2017-05-26

Ausstellung 23.04.-26.05.2017

House Turtle - Eine Architektur von Carsten Höller und Marcel Odenbach in Ghana


Die eng miteinander befreundeten Künstler Carsten Höller und Marcel Odenbach haben vor rund einem Jahrzehnt gemeinsam ein Haus an der ghanaischen Küste gebaut. Die schachtelartige Betonkonstruktion ist als skulpturaler Hohlkörper konzipiert, der auf Stelzen hoch über dem Golf von Guinea schwebt. In unmittelbarer Auseinandersetzung mit Klima und Topographie und in einem langwierigen Bauprozess haben Höller und Odenbach ein privates Domizil geschaffen, das prinzipielle Fragen zu Wesen und Funktion von Architektur aufwirft. Im Frühjahr 2017 wurde diesem außergewöhnlichen Bau eine Ausstellung im UAA Ungers Archiv für 
Architekturwissenschaft gewidmet.

Der Gedanke zu bauen liegt vielen Künstlern nahe. Wenn Künstler bauen, dann kümmern sie sich in der Regel weniger um Bauvorschriften und Realisierbarkeit als vielmehr um ästhetische, philosophische oder auch soziologische Fragestellungen. Ein Beispiel für einen geglückten Rollentausch ist das von Carsten Höller und Marcel Odenbach an der ghanaischen Küste gebaute Wohnhaus House Turtle. 
Bei der Konzeption des Gebäudes haben sich die Künstler mit elementaren Ideen und Voraussetzungen des Bauens auseinandergesetzt und bewusst Grenzen überschritten. Der schachtelartige Betonskelettbau schließt sich kaum gegen die Umgebung ab und erfüllt die Funktion eines nach außen gewendeten Guckkastens oder Trichters, da der röhrenförmige Hohlkörper zum Meer hin höher und weiter wird.

Ein eigens für die Ausstellung entwickeltes großformatiges Modell soll die Topographie sowie die skulpturale Gestalt der Architektur veranschaulichen. Großfotos, Pläne und private Schnappschüsse des Hauses von Höller und Odenbach zeigen die dem Gebäude zugrundeliegenden ästhetischen Überlegungen und künstlerischen Ideen auf. Die Videoarbeit Fishing is not done on Tuesdays von Marcel Odenbach und Lukas Marxt interpretiert die Architektur in filmischen Bildern und versetzt die Besucher in die Lage, die spezifischen Bedingungen des Ortes nachzuvollziehen. Die mit Unterstützung der Kunststiftung NRW realisierte Videoarbeit hatte im Februar 2017 Premiere bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin.

Als Plattform für den interdisziplinären Diskurs widmet sich das UAA Ungers Archiv für Architekturwissenschaft besonders der Schnittstelle zwischen bildender Kunst und Architektur und nimmt mit der Ausstellung House Turtle gezielt die Gründe, aus denen Künstler bauen, sowie die der architektonischen Struktur immanenten bildnerischen Gedanken in den Blick. Anknüpfungspunkte zur Architekturtheorie und -geschichte, die sich aus der Ausstellung ergeben, wurden zur Eröffnung in einem Gespräch zwischen dem Kunsthistoriker Andreas Denk und dem Künstler Marcel Odenbach erörtert.

Zu den Künstlern

Der deutsch-belgische Objekt- und Installationskünstler Carsten Höller (*1961 in Brüssel) ist habilitierter Phytopathologe. Noch während seiner naturwissenschaftlichen Arbeit hat Höller seine ersten künstlerischen Projekte realisiert. Seit mehr als 20 Jahren konstruiert Höller Werke, die durch ihre Einfachheit und Direktheit überraschen und die Betrachter zumeist zur physischen und psychischen Teilhabe auffordern. Unter dem Titel Test Site installierte er 2006/07 eine metallisch glänzende Rutschbahn in der Tate Modern oder baute Flying Machines (2015), auf denen sich Besucher in die Luft erheben konnten. Wichtige Einzelausstellungen seiner Arbeiten waren u.a. 2004 im Musée d'Art Contemporain, Marseille, 2008 im Kunsthaus Bregenz oder 2010 im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart, Berlin zu sehen.

Marcel Odenbach (*1953 in Köln) hat an der RWTH Aachen Architektur, Kunstgeschichte und Semiotik studiert. Er ist einer der international bedeutendsten deutschen Videokünstler der Gegenwart. 
In rund dreieinhalb Jahrzehnten hat Odenbach eine spezifische Bildsprache entwickelt, mit der er – oftmals unter Verwendung dokumentarischen Materials – gesellschaftliche wie auch zeitgeschichtliche Themen diskutiert. Ausgehend von der konkreten deutschen Problematik der Vergangenheitsbewältigung hat Odenbach diese Fragestellung zu einer allgemeingültigen Perspektive hin geöffnet und im Kontext unterschiedlicher Kulturen reflektiert. Seinem Werk waren Einzelausstellungen u.a. im Stedelijk Museum, Amsterdam (1982), im Centre Georges Pompidou, Paris (1987) oder im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart, Berlin (2006) gewidmet.

 

Die Ausstellung wurde unterstützt von:


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